Deutschland ist müde. Das belegen zahlreiche Gesundheitsreports, die bescheinigen, dass immer mehr Menschen gravierende Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen haben. Wie der DAK Gesundheitsreport aufschlüsselt, schlafen sogar bis zu 80 Prozent der Berufstätigen im mittleren Alter zwischen 35 und 65 Jahren schlecht. Die Gründe dafür sind vielseitig und lassen sich mal auf Schichtarbeit, mal auf eine unzureichende Schlafhygiene oder Medikamentenmissbrauch von Schlafmitteln zurückführen. Der nachfolgende Beitrag zeigt, woran Sie Schlafstörungen erkennen, welche Ursachen hinter ihnen stecken und was Sie selbst tun können, um wieder zu einer erholsamen Nachtruhe zu gelangen.
Welche verschiedenen Arten von Schlafstörungen gibt es?
Mediziner und Wissenschaftler unterscheiden bis zu 80 verschiedene Schlafstörungen voneinander. Einige „kurzfristige“ Ein- oder Durchschlafprobleme gehören nicht dazu. Schließlich hat nahezu jede Person einmal schwierige Lebensphasen oder kann aufgrund einer Erkrankung schlechter schlafen. Anders liegt der Fall bei „echten“ Schlafstörungen, die dauerhaft auftreten und die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen können. Je nach Art und Schwere der Schlafstörung kann diese körperlich oder psychisch bedingt sein. Prinzipiell teilen Mediziner Schlafstörungen in bis zu acht unterschiedlichen Untergruppen ein:
Art der Schlafstörung | Symptome | Mögliche Ursachen |
---|---|---|
Insomnien | Ein- oder Durchschlafstörungen Müdigkeit Kopfschmerzen Leistungseinschränkungen Stimmungsschwankungen | psychischer Stress oder Medikamentenmissbrauch von Schlafmitteln |
Atmungsstörungen | Schlafapnoe nächtliche Atemaussetzer | Krankheiten psychische Beeinträchtigungen |
Hypersomnien | Tagesschläfrigkeit | Narkolepsie (Schlafkrankheit) Hirnschädigung Medikamentenmissbrauch |
Zirkadiane Störungen | Rhythmus-Schlafstörungen, äußern sich durch Insomnie oder Tagesschläfrigkeit | Zeitzonenwechsel mit Jetlag Schichtarbeit organische Erkrankungen Medikamentenmissbrauch |
Parasomnien | Schlafunterbrechungen durch z.B. Schlafwandeln, Alpträume, Essstörungen etc. | |
Bewegungsstörungen | Störungen der Gliedmaßen Nächtliches Zähneknirschen | u.a. Restless-Legs-Syndrom |
isolierte Symptome | noch nicht krankhaft, aber auch nicht gewöhnlich z.B. extreme Kurz- oder Langschläfer, Einschlafzuckungen oder lautes Schnarchen | |
andere, nicht kategorisierbare Störungen |
Primäre bzw. sekundäre Schlafstörungen: Was versteht man darunter?
In der Medizin lassen sich primäre und sekundäre Schlafstörungen unterscheiden. So liegen primäre Schlafstörungen immer dann vor, wenn sich für die Probleme keine körperliche Ursache finden lässt. In diesen Fällen sind entweder psychische Probleme oder ungünstige Schlafbedingungen für die Schlafstörungen verantwortlich. Sekundäre Schlafstörungen hingegen lassen sich eindeutig auf organische oder psychische Erkrankungen (oder eine Kombination aus beidem) zurückführen.
Zu den psychischen Erkrankungen, die sehr häufig mit Schlafstörungen einhergehen, gehören etwa Depressionen, Psychosen und Angststörungen. Auch organische Erkrankungen, darunter Rheuma oder Störungen der Schilddrüse, können Schlafprobleme auslösen. Daneben gibt es einige Medikamente, die sich auf den Schlaf auswirken. Dazu gehören Benzodiazepine, die zwar kurzzeitig gegen Schlafstörungen helfen, langfristig jedoch nach plötzlichem Absetzen einen Hangover-Effekt entfalten. Nicht zuletzt wirken sich legale Genussmittel wie Alkohol oder Zigaretten sowie illegale Drogen auf das Schlafverhalten aus.
Wie sinnvoll sind Schlafmittel, wenn es darum geht, Schlafstörungen loszuwerden?
Schlafmittel sollten für Sie immer die ultima Ratio sein. Das bedeutet, sie sollten erst zum Einsatz kommen, wenn andere Maßnahmen keinen dauerhaften Erfolg brachten. Denken Sie immer daran, rezeptpflichtige Schlafmittel nur nach ärztlicher Anleitung einzunehmen. Hierbei gilt: Solange wie nötig, so wenig wie möglich. Auch wenn medikamentöse Schlafmittel das Problem kurzzeitig beseitigen, machen sie schnell abhängig. Wer sie plötzlich absetzt, muss zudem mit einem gegenteiligen Effekt (Rebound-Insomnie) rechnen.
Welche Rolle spielt die Ernährung im Zusammenhang mit Schlafstörungen?
Wer spät am Abend noch wie die Götter speist, braucht sich nicht wundern, wenn sich im Bett keine Müdigkeit einstellen mag. Denn: Zwischen der Ernährung und dem Schlaf gibt es einen direkten Zusammenhang. Schuld ist die angekurbelte Verdauung, die Hormone wie Insulin freisetzt, wodurch wiederum Schlaflosigkeit entsteht.
Einige, auch vermeintlich gesunde Snacks lassen den Körper nicht zur Ruhe kommen: Gemüse und Salate müssen im Magen/Darmtrakt aufwendig verdaut werden. Auch scharfe Gewürze wie Chili und Ingwer, die Ihre Körpertemperatur ansteigen lassen, sollten Sie besser meiden. Ebenfalls nicht empfehlenswert sind Lakritze und Schokolade. Beide enthalten Pflanzenstoffe, die den Körper wachhalten.
Zudem wirken sich viele Getränke negativ auf das Ein- und Durchschlafen aus. Darunter finden sich koffeinhaltige Getränke wie Energiedrinks, Kaffee oder Cola. Sie erhöhen die Herzfrequenz und lassen den Blutdruck ansteigen, wodurch der Körper wach bleibt. Auch Alkohol hilft, entgegen der gesellschaftlichen Annahme, nicht dabei, in einen erholsamen Schlaf zu finden. Zwar fällt es alkoholisierten Menschen durchaus leicht, einzuschlafen. Doch der Tiefschlaf ist nicht erholsam, sodass Sie am nächsten Morgen dennoch erschöpft aufwachen.
Um Ihre Schlafstörungen loszuwerden, sollten Sie daher möglichst zwei bis drei Stunden vor der Nachtruhe die letzte, leichte Mahlzeit zu sich nehmen. Falls danach noch „der kleine Hunger“ kommt, sollten Sie auf Beruhigungstees und kleine Snacks setzen. Hierbei bieten sich in besonderem Maße melatoninhaltige, gesunde Lebensmittel an. Dazu gehören Cashewkerne, Oliven, Cranberrys und Pistazien.
Das 1 x 1 der Schlafhygiene: Wodurch schlafen wir besser?
Inwieweit sich Schlafstörungen auflösen lassen, hängt teilweise auch mit dem eigenen Lebensstil zusammen. Entscheidend ist hierbei eine gute Schlafhygiene. Achten Sie auf die nachfolgenden Aspekte, damit sich Ihre Schlafgewohnheiten verbessern:
- Menschen sind Gewohnheitstiere und schlafen besser, wenn sie regelmäßige Schlafenszeiten einhalten. Das ist ein Grund, warum Schichtarbeiter, die ständig wechselnde Arbeitszeiten haben, eher an Schlafproblemen leiden. Gehen Sie also, sofern Ihr Beruf es zulässt, möglichst immer in etwa zur selben Uhrzeit schlafen.
- E-Mails im Bett lesen oder auf dem Smartphone mal eben noch einen Film schauen? Keine gute Idee. Bildschirme senden das sogenannte Blaulicht aus, das die Produktion von Melatonin hemmt und die innere Uhr aus dem Lot bringt.
- Durchgeführte Studien haben eine positive Wirkungsweise von schweren Bettdecken festgestellt. Diese würden einen sanften Druck erzeugen, der einer Umarmung ähnlich sei und dem Einschlafenden ein sicheres Gefühl gäbe. Heutzutage seien die Gewichtsdecken sogar als „Deep Pressure Touch Stimulation“ (DPTS) therapeutisch anerkannt. Sie würden etwa bei Patient: innen mit Demenz, Angststörungen, Restless Legs Syndrom und anderen Erkrankungen eingesetzt und sollen die Symptome lindern.
- Wer nachts ungewollt wach wird, schaut oft wie selbstverständlich auf die Uhr. Bei Blick darauf gerät der Körper fast automatisch in Stress ((„nur noch XY Stunden zu schlafen“). Besser ist es, alle Uhren aus dem Schlafzimmer zu verbannen und auch den Wecker möglichst außer Reichweite zu stellen. So kommt man morgens automatisch aus dem Bett, um selbigen möglichst schnell auszuschalten.
- Bei anhaltenden Schlafproblemen kann manchmal ein gezieltes Verhaltenstraining helfen. Kombiniert mit Entspannungstechniken und Atemübungen lernen sie, gelassener zu werden und alle Sorgen loszulassen. Je nachdem, welcher Typ Sie sind, helfen Ihnen alternativ auch Autogenes Training und/ oder Yoga-Sessions.
- Sanfte Bewegungseinheiten am Abend können ebenfalls müde machen. Allerdings sollten Sie es dabei nicht übertreiben. Es ist zum Beispiel nicht sinnvoll, abends unmittelbar vor dem Schlafengehen noch einen Kilometer joggen zu gehen. Als Faustregel gilt: Mäßige Bewegung, welche den Kreislauf nicht zu sehr in die Höhe treibt.
Welche Hausmittel helfen gegen Schlafstörungen?
Haben Sie Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen? Dann könnten Sie zunächst Hausmittel ausprobieren, ehe sie zum Arzt gehen. Bei vielen vorübergehenden Schlafstörungen reichen diese bereits aus, um eine Besserung zu bewirken:
- Heilpflanzen können als Tee aufgebrüht werden und sollen eine positive Wirkung bei Schlafstörungen entfalten. Für viele ist Baldrian, das beruhigend wirkt, bei nervösen Gemütszuständen die erste Wahl. Bei chronischen Schlafstörungen kann es sinnvoll sein, Baldrian-Tees zu trinken oder entsprechende Kapseln oder Tabletten zu nehmen. Wer den Geschmack von Baldrian nicht mag, kann Hopfen in Teeform trinken, der ebenso beruhigend wirken soll. Auch Melisse gehört zu den bekanntesten Heilpflanzen, die bei Schlafstörungen eingesetzt werden. Daneben gibt es noch die schlaffördernde Lavendel-Pflanze sowie das herzstärkende und krampflösende Passionsblumenkraut. Achtung: Auch Johanniskraut kann den Schlaf verbessern, ist gar als „pflanzliches Antidepressivum“ bekannt. Es sollte allerdings mit Bedacht eingenommen werden, da es unter anderem die Wirkungsweise hormoneller Verhütungsmittel und anderer Medikamente herabsetzt. Sie sollten also, falls Sie hormonell verhüten oder dauerhaft Medikamente nehmen, unbedingt Rücksprache mit Ihrem Arzt halten.
- Vielen Menschen hilft es, abends ein entspanntes Bad mit Heilkräutern oder ätherischen Ölen zu nehmen. Solche Bäder sind in Apotheken und Drogerien erhältlich, lassen sich aber auch selbst anmischen. Nehmen Sie dazu das für Sie bevorzugte ätherische Öl und geben Sie Milch und Honig dazu. Damit sich die gewünschte Wirkung entfaltet, empfiehlt sich eine Badedauer von mindestens 20 Minuten.
- Grundsätzlich können sowohl kalte, als auch warme Anwendungen schlaffördernd wirken. Kalte Güsse am Abend fördern die Durchblutung, entspannen die Muskeln und können als Einschlafhilfe genutzt werden. Manche Menschen finden wiederum wärmende Anwendungen wie Wärmflaschen oder ein warmes Körnerkissen als angenehmer.
- Eine der bekanntesten Hausmittel gegen Schlafstörungen ist die beliebte Milch mit Honig. Sie beruhigt bei Erkältungen die gereizten Schleimhäute, kann aber auch die körpereigene Produktion des Schlafhormons Melatonin ankurbeln. Dafür sorgt die Aminosäure Tryptophan in Verbindung mit dem Transportprotein Albumin. So gerne Sie die heiße Milch mit Honig trinken – für Kinder unter einem Jahr ist diese nicht geeignet und kann schlimmstenfalls schwere Vergiftungen auslösen!
Gut zu wissen: Es gibt grundsätzlich keine Garantie dafür, dass jedes der genannten Hausmittel die gewünschte Wirkungsweise entfaltet. Besonders auf pflanzliche Mittel reagiert jeder individuell. Während manche Menschen von der erwünschten Wirkungsweise profitieren, stellt sich bei anderen kein Effekt ein. Darum sollten Sie die hier vorgestellten Hausmittel individuell und nach Verträglichkeit ausprobieren und schauen, ob diese Ihnen helfen. Sollten die Beschwerden schon länger bestehen, reichen Hausmittel grundsätzlich nicht mehr aus. Dann macht es eher Sinn, einen Arzt aufzusuchen und die Schlafstörung nach schulmedizinischen Erkenntnissen zu behandeln.
Häufige Fragen zu Schlafstörungen
Wie gehen Ärzte bei Schlafstörungen vor?
Wenn Schlafstörungen über einen längeren Zeitraum bestehen und die eigene Leistungsfähigkeit erheblich einschränken, führt kein Weg an einem Arztbesuch vorbei. Der erste Ansprechpartner ist der Hausarzt. Er erfasst Ihre Krankengeschichte und kann, abhängig vom Beschwerdebild, in manchen Fällen sogar eine konkrete Diagnose stellen. In schwerwiegenden Fällen überweist Sie der Hausarzt an einen Facharzt oder an ein Schlaflabor.
Um die endgültige Diagnose zu sichern, kommen Schlaftagebücher oder Fragebögen zum Einsatz. Im Fokus stehen außerdem körperliche Untersuchungen. Ein sehr aufwendiges Verfahren findet in speziellen Schlaflaboren statt. Diese Untersuchungen kommen immer dann infrage, wenn alle anderen Verfahren keine gesicherte Diagnose bringen. Patientinnen und Patienten verbringen dann die Nacht in einem eigenen Schlafzimmer im Labor und werden klinisch überwacht. Mitunter werden die Patienten auch auf Video aufgezeichnet. Ärzte achten hierbei auf diverse Parameter, etwa die Hirnströme, Augenbewegungen, Herz- und Muskelaktivität sowie die Körperhaltung. Anhand der ermittelten Ergebnisse leiten die Ärzte die notwendigen Therapiemaßnahmen ein.
Was tun, wenn Kinder Schlafstörungen haben?
Selbstverständlich ist ein erholsamer Schlaf auch bei Kindern enorm wichtig. Hier hilft es oftmals schon, gesunde Schlafrituale in den Alltag einzubinden. Ein abgedunkeltes Schlafzimmer, sowie eine liebgewonnene Gewohnheit (Stichwort: Gute-Nacht-Geschichte) können oftmals schon Wunder bewirken. Gleichzeitig benötigen Kinder mehr als Erwachsene Ruhe und Sicherheit. Dazu gehört auch, vorübergehende Schlafstörungen zu akzeptieren und für das Kind da zu sein. In einigen Altersklassen sind bestimmte Schlafstörungen weit verbreitet. So neigen Kinder zwischen vier und acht Jahren tendenziell eher zum Schlafwandeln, während vier- bis Zwölfjährige mitunter schweißgebadet nach einer Panikattacke aufwachen.
Was tun, wenn man nachts plötzlich aufwacht?
Einige Menschen mit Schlafproblemen schlafen gut ein, wachen jedoch nachts immer wieder auf. Kommt der Schlaf dann binnen drei Minuten wieder, so wissen Betroffene am nächsten Tag gar nicht, dass sie zwischendurch wach waren. Wer partout nicht mehr einschlafen kann, sollte nach einer Weile aufstehen und leichten Aktivitäten nachgehen, bis sich die Müdigkeit wieder einstellt.